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„Ohne Frauen ist kein Staat zu machen“

Ministerin Nonnemacher stellt Expertise für mehr Frauen in der Kommunalpolitik vor

- Erschienen am 21.09.2022 - Pressemitteilung 406/2022
Expertise "Ohne Frauen ist kein Staat zu machen" vorgestellt - Bettina Praetorius, Ministerin Ursula Nonnemacher, Christiane Bonk, Dr. Sarah Zalfen und Heiderose Gerber

Wenn es um die Verteilung politischer Macht geht, besteht in Brandenburg und ganz Deutschland vor allem auf kommunaler Ebene nach wie vor ein deutliches Missverhältnis zwischen der rechtlich verankerten und der tatsächlichen Gleichberechtigung von Frauen und Männern. In Brandenburgs Kreistagen und Stadtverordnetenversammlungen liegt der Frauenanteil durchschnittlich bei 28 Prozent, in manchen Kommunen nur bei 11 Prozent. Zu den Gründen und konkreten Maßnahmen, wie dies geändert werden kann, hat Frauenministerin Ursula Nonnemacher heute im Autonomen Frauenzentrum Potsdam eine Expertise unter dem Titel „Ohne Frauen ist kein Staat zu machen – Maßnahmen zur Steigerung der politischen Teilhabe von Frauen in Kommunen“ vorgestellt.

Eine nach wie vor männlich dominierte Politikkultur, wenig familienfreundliche Sitzungszeiten in Präsenz, Anfeindungen und Sexismus – das und mehr sind bekannte Hürden für Frauen, die sich politisch engagieren möchten. Ende vergangenen Jahres beauftragte das Frauenministerium den Verein „Frauen aufs Podium e.V.“ ein Gutachten zu erstellen, das die Ursachen politischer Unterrepräsentation von Frauen zusammenfasst und Handlungsoptionen auf kommunaler Ebene darstellt. Die Studie bündelt konkrete und praktische Beispiele, wie die Teilhabe und Sichtbarkeit von Frauen in der Politik gestärkt werden kann. Die Kurzfassung dieses Gutachtens hat das Ministerium als 36-seitige Broschüre jetzt veröffentlicht.

Frauenministerin Ursula Nonnemacher: „So wichtig auch rechtliche Regelungen für eine Parität in den Parlamenten ist – auch jenseits dessen gibt es beispielsweise in der ehrenamtlichen Kommunalpolitik viele Baustellen, an denen männerdominierte politische Kulturen verändert werden können. Die Studie bündelt sie anschaulich und anwendungstauglich. Unsere Gesellschaft ist vielfältig. Genauso vielfältig sollten auch die Menschen sein, die Politik in unserem Land gestalten, egal ob im Kreistag, der Stadtverordnetenversammlung oder im Rathaus. Es geht nicht nur um die Berücksichtigung von frauenpolitischen Interessen, sondern um die gleiche Teilhabe an politischer Macht. Nicht mehr und nicht weniger.“

Bettina Praetorius, Autorin des Gutachtens und Gründungsmitglied von „Frauen aufs Podium e. V.“: „Um Lösungen für unsere Gesellschaft zu entwickeln brauchen wir gleichermaßen Frauen und Männer - das gilt auch und gerade für die Politik.“

Sarah Zalfen, Stadtverordnete Potsdam, Mitglied der „Fraktionärinnen“: „Wo Frauen wie in Kommunalvertretungen strukturell in der Minderheit sind, können überparteiliche Bündnisse Teilhabemöglichkeiten eröffnen, die Frauen in ihren männerdominierten Fraktionen oder Parteien oft verwehrt bleiben. Der informelle Austausch, das spontane Entwickeln von Ideen, das Lernen aus den Erfahrungen anderer oder die einfache menschliche gegenseitige Unterstützung – das alles sind wichtige Momente, um die Freude und Ausdauer zu erhalten, die es gerade in der ehrenamtlichen Politik braucht.“

Michaela Burkard, Autonomes Frauenzentrum Potsdam e. V.: „Für Vernetzung, Austausch und gegenseitiges Empowerment braucht es Orte und Infrastruktur – also einen parteiunabhängigen Treffpunkt mit Büroinfrastruktur und Arbeitskraft zur Organisation. Diese Orte sollten selbstverständlich zur Infrastruktur einer Stadt gehören und entsprechend finanziert werden.“

Christiane Bonk, Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten im Land Brandenburg: „Kommunale Gleichstellungbeauftragte tragen maßgeblich dazu bei, parteiübergreifende Unterstützungs- und Vernetzungsstrukturen für politisch interessierte und aktive Frauen vor Ort zu schaffen. Sie initiieren und koordinieren Empowerment-Programme, sie stoßen Debatten über den Wandel der politischen Kultur an und sind Impulsgeberinnen für eine zeitgemäße, familienfreundliche und respektvolle Kommunalpolitik. Voraussetzung dafür ist eine ausreichende zeitliche, personelle wie finanzielle Ausstattung – hier sind die Kommunen gefragt.“

Maßnahmen, die die Expertise aufzeigt, um die politische Teilhabe von Frauen in Kommunen zu stärken, sind unter anderem:

  • Änderungen im Sitzungsablauf zum Beispiel durch familienfreundlichere Sitzungszeiten, hybride Sitzungsformate, quotierte Redelisten, Redezeit-Begrenzung oder einen für allle verbindlichen Kommunikationskodex, um Sitzungen kürzer, effektiver und angenehmer zu gestalten.
  • Erleichterungen für das kommunalpolitische Ehrenamt durch bessere Vorbereitung und Begleitung des Ehrenamts und der damit verbundenen Aufgaben zum Beispiel Information über Freistellungsanspruch, vereinfachte Abrechnung von Kinderbetreuung, Unterstützung bei Anfeindungen im Internet.
  • Stärkung von Frauen durch kommunale Gleichstellungsbeauftragte, parteiinterne oder überparteiliche Empowerment-Programme, Frauennetzwerke und –bündnisse, wie zum Beispiel das fraktionsübergreifende Netzwerk der „Fraktionärinnen“ in Potsdam, parteiinterne und überparteiliche Mentoring-Programme, quotierte Wahllisten.

Hinweis: Am 22. September startet die bundesweite Kampagne „#ParitätJetzt!“. Mehr als 40 Verbände, Organisationen und Netzwerke (z.B. Deutscher Frauenrat) setzen sich für eine gesetzliche Regelung zur Parität in den Parlamenten ein. Damit wollen die Initiatorinnen die Berücksichtigung paritätischer Regelungen in der anstehenden Wahlrechtsreform auf Bundesebene durch öffentlichkeitswirksame Aktionen einfordern. Infos: https://paritaetjetzt.de/

Die Broschüre „Ohne Frauen ist kein Staat zu machen – Maßnahmen zur Steigerung der politischen Teilhabe von Frauen in Kommunen“ kann beim Ministerium kostenfrei bestellt und heruntergeladen werden: https://msgiv.brandenburg.de/msgiv/de/service/publikationen/detail/~21-09-2022-expertise-ohne-frauen-ist-kein-staat-zu-machen